Elternwahlrecht in Klasse 6? Nein!

Im Schulpakt der Hamburger Bürgerschaftparteien wurde das Elternwahlrecht wieder eingeführt. Allerdings trügt der Schein. Zwar dürfen die Eltern am Ende der 6. Klasse entscheiden, welche weiterführende Schule ihr Kind besuchen wird, doch diese Entscheidung kann ihnen nach nur 9 Monaten wieder genommen werden. Denn am Ende der siebten Klasse entscheidet die Lehrerkonferenz, ob sie mit der Entscheidung der Eltern übereinstimmen und können diese einfach wieder Rückgängig machen. Zum Vergleich: Momentan wird nach der 4. Klasse von den Eltern entschieden (mit Empfehlung der Lehrer), welche weiterführende Schule (Stadtteilschule oder Gymnasium) das eigene Kind besuchen wird. Zwei Jahre (Orientierungsstufe Klasse 5 und 6) hat das Kind Zeit, sich auf der neuen Schule zurecht zu finden und Lehrer haben zwei Jahre lang Zeit das Kind und seine Begabungen kennenzulernen. Nach der sechsten Klasse wird dann entschieden, ob die Wahl die richtige war. Der Unterschied zwischen dem Elternwahlrecht nach der 4. Klasse und demjenigen nach der 6. Klasse ist enorm, denn mitten in der Pubertät in der siebten Klasse ist es für viele Schüler unmöglich sich zu beweisen. Und innerhalb  nur eines Jahres (9 Monate Schulzeit) ist es Lehrern nicht möglich, die Schüler besser kennenzulernen.

Das im März 2010 im Rahmen Nachbesserungsgesetzes von der schwarz-grün-roten “Afghanistan-Koalition” (DIE ZEIT) aus CDU, GAL, den LINKEN und der SPD beschlossene angebliche “Elternwahlrecht in Klasse 6″ ist im Vergleich zum bisherigen echten Elternwahlrecht in Klasse 4 nur ein Pseudo-Elternwahlrecht:

Zwar können die Eltern in Klasse 6 nach dem Nachbesserungsgesetz ihr Kind für die Klasse 7 auf ein Gymnasium anmelden. Die Parteipolitiker von CDU, GAL, LINKE und SPD haben dies jedoch so ausgestaltet, dass die Lehrkräfte der Zeugniskonferenz in der weiterführenden Schule diese Entscheidung der Eltern schon in der Zeugniskonferenz in der 7. Klasse wieder kassieren und die Kinder vom Gymnasium fortschicken können (§ 42 Abs. 5 HmbSchG n. F.). Das damit ausgerechnet mitten in der Pubertät eingerichtete Probejahr im “verflixten 7. Jahr” wird zu Recht sowohl von der Elternkammer Hamburg als auch vom Deutschen Lehrerverband Hamburg (DLH) kritisiert. Denn es schwächt die Stadtteilschulen und führt dazu, dass Lehrkräfte über das schulische Schicksal entscheiden, die die Jugendlichen erst mitten in der Pubertät kennen lernen und evtl. nur für wenige Stunden in einem Nebenfach unterrichten – also kaum kennen.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine Entscheidung der Zeugniskonferenz erst kurz vor den Sommerferien, am Ende des Schuljahres (so tatsächlich: § 44 Abs. 5 Satz 2 HmbSchG n. F.) für die Familien zu unzumutbaren Härten führen würde, wenn diese dann während der Sommerferien einen Platz für ihr Kind an einer Stadtteilschule suchen sollen. Für die von einem solchen Wechsel vom Gymnasium auf eine Stadtteilschule wechselnden Schüler würde es anschließend nach den Sommerferien besonders hart: sie müssten sich ausgerechnet in einer Altersphase, in der dies besonders schwer ist, in die in der Stadtteilschule bereits seit einem Jahr gewachsenen Sozialstrukturen/Cliquen hineinfinden (und das mit dem “Etikett”, von der Zeugniskonferenz als “nicht für das Gymnasium geeignet” eingestuft worden zu sein).

Der Deutsche Lehrerverband Hamburg (DLH) hat es in seiner Presseerklärung vom 15. März 2010 so auf den Punkt gebracht:

“Diese Regelung soll vor allem die Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, sich im Sommer am Volksentscheid zu beteiligen, pädagogisch ist sie unverantwortlich. Man setzt Jugendliche nicht mitten in der Pubertät auf den „Schleudersitz“ eines Probejahres, das über ihre Schullaufbahn entscheidet.”

Unterstützen auch Sie deshalb bitte den Volksentscheid “Wir wollen lernen!” und helfen Sie uns, das echte Elternwahlrecht in Klasse 4 wieder einzuführen!